Die Couchingzone

Mein Beileid @werschtche

Und ich bin hier leider anderer Meinung - es IST lesenswert, sehr sogar!

Dem kann ich mich nur anschließen! Und Respekt, dass du das mit uns teilst!

@werschtche
Mein herzliches Beileid mein Guter. Danke für deinen Beitrag, er hat mich tief berührt.

Mein Beileid, @werschtche !

Mein herzliches Beileid @werschtche

Es gehört viel dazu in dieser schweren Zeit,auch noch die richtigen Worte zu finden.

Meine herzliche Anteilnahme, @werschtche ! Mögest du deine Erinnerungen für immer im Herzen tragen.

Mein Beleid

und Dank für diesen wundervollen ehrlichen Beitrag

Ich danke Euch für Euren Zuspruch. Vielen herzlichen Dank!

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Jahrgang 14, Ausgabe 1

GOTTKÖNIG FUßBALL

von Newtrial
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Die Pharaonen waren Vollhorstis! Denn nur ein Vollhorst kann glauben, er könnte seinen von allen lebenswichtigen Organen entleerten, einbalsamierten Leib nach dem Tod noch irgendwie verwenden, um die in seinem Grabmal mit eingemauerten Speisen, Diener und Frauen irgendwie nutzbringend einzusetzen. Auch Jesus wird sich im wahrsten Sinne des Wortes schwer damit getan haben, den Felsen vor seiner Grabstätte mal eben wegzukegeln. Tote Körper machen so etwas nämlich nicht. Genauso wenig wie irgendwelche rachsüchtigen Naturgötter wollen, dass du einem lebendigen Kind das Herz aus der Brust schneidest, damit sie besänftigt und günstig für dich gestimmt werden. „Hej Kinderschlächter, cool, wie du das gemacht hast, dafür gewähre ich dir eine reiche Ernte. Aber du weißt ja: Nach dem Menschenopfer ist vor dem Menschenopfer! Also dann, bis nächstes Jahr um dieselbe Zeit.“

Dumpfbacken allesamt, diese Kulturgreise!

Aber was wollte ich damit eigentlich sagen? Dass alles vergänglich ist und man nix mitnehmen kann? Das wäre nur halbrichtig. Denn wir erinnern uns ja an Vergangenes, erzählen unsere Geschichte(n), stellen uns in einen Kontext, eine Tradition. Oder mehrere. Viele. Wie sonst sollte man sich nach mehr als 20 Jahren Niedergang unseren Zuschauerschnitt erklären? Die starke, nicht aus Boomern bestehende Ultraszene – wie immer man auch zu ihr stehen mag? Wieso kann in dieser schnellebigen Zeit so ein Phänomen wie der FCK weiter derart in Stadt und Region verwurzelt sein? Trotz „seelenlosem Investorenkonstrukt“. Was ist es eigentlich, das sich da tradiert und fortsetzt? Wir sprechen gerne von der „Betze-DNA“, wohlwissend dass dies nur eine Metapher ist. Wer sind „wir“ eigentlich? Wenn das alles nur eine Fiktion ist, wieso überlebt diese dann über mehr als hundert Jahre und viele Generationen hinweg? Was IST ein „Traditionsverein“? Und kann er wirklich niemals untergehen?

Aber worauf will ich damit eigentlich hinaus? Vielleicht auf diese merkwürdige Mischung von Massivität und Fragilität, die den Betze nicht weniger als die Pyramiden charakterisiert. Man schafft etwas, das die Zeiten überstehen soll – und dessen eigentlicher Sinn doch in Windeseile verfliegen kann. Zurück bleibt dann ein Monument oder – in unserem Fall – vielleicht eine Bauruine aus zerbröselndem, minderwertigen Beton, von deren Abriss niemand mehr Notiz nehmen wird. Weil sich die Menschen dort dann schon längst nicht mehr versammeln. Weil sie nicht mehr in die gleiche Richtung blicken – ob nun zum Gottkönig oder in Richtung Ball.

Wie Pharaonen und andere Vollhorstis, Dichter und Denker, so sterben auch Traditionen. Dann steht da ein Stonehenge in der Gegend rum und du hast keinen Schimmer, was es seinen Erbauern mal bedeutet hat. Wie es die Menschen damals versammeln konnte. Worauf sich ihr gemeinsamer Blick und die geteilte Leidenschaft eigentlich ausgerichtet hat. Ein Monument, mehr nicht. Haltbarer eben als der Schrott, der heute gebaut wird, und von dem kaum etwas Jahrhunderte oder gar Jahrtausende überstehen wird. Vergleicht nur mal die Hochtechnologie des römischen Betons mit der Materialqualität des Betze. Da kommen dir die Tränen. Die Römer wussten schon, warum sie uns „Barbaren“ nannten.

Hast du es auch eine Nummer kleiner? Wir reden hier doch nur über Fußball! Mal die aberwitzigen Vergleiche zu Menschheitsmythen und Hochreligionen steckenlassen! Es geht hier doch nicht um Leben und Tod! Alles richtig. Aber es geht um geteilte Leidenschaften für etwas gänzlich Immaterielles. Und Ja: Dass der Verein dich aussucht und nicht du den Verein, ist tatsächlich auch so etwas wie ein „Menschheitsrätsel“. Diese Suche nach Transzendenz wurde und wird dabei immer dann reaktionär und faschistisch, wenn sie umstandslos auf das vermeintlich Sichtbare projiziert wird: Das „Volk“, die „Rasse“, den (z.B. „arischen“) Ursprungsmythos, den „Gottkönig“ oder was auch immer. Und wieder waren es die Römer, die eine andere – nicht-materielle – Vision von ihrem „Imperium Romanum“ hatten: Im Prinzip konnte jeder ein „Römer“ werden, auch ein Germane wie Arminius. Ihre baulichen Zeugnisse waren Ausdruck einer Vision, einer Zivilisation, einer Lebensweise, die – wie etwa ihr Rechtssystem – eher Geist als Steine manifestierten.

Der „amerikanische Traum“ sollte dies fortsetzen – die USA als „Schmelztiegel“ einer rein auf die Verfassung gegründeten Ordnung. Unnötig zu sagen, dass beide Imperien – wie alle anderen auch – diesen integrierenden Ansatz von Beginn an mit unendlicher Gewalt komplett pervertiert haben. Und dennoch lebt diese kulturelle DNA in uns fort: immateriell, ungreifbar und durchaus auch bestreitbar. Die lebendige Gegenthese zu rassistisch-völkischen Blut-und-Boden-Ideologien. Es ist diese DNA, die ein Trump zersetzt, wenn er eine Mauer hin zu Mexiko bauen will. Auch frühere historische Etappen – etwa der Isolationismus – drohten diese amerikanische DNA zu zerstören. Die Tradition ist immer umkämpft, wird ständig neu definiert und überarbeitet – und kann jederzeit unterbrochen oder gar zerstört werden. Jeder Traditionsverein, der ein neues Stadion baut, weiß das – das Ding kann über Jahre hinaus steril bleiben, wenn du Pech hast. Der Betze-Ausbau wurde seinerzeit auch genau in dieser Weise diskutiert und da ging es nicht einmal um einen kompletten Neubau.

Was also ist die Idee des Betze? Eine bestimmte Spielweise? Eine Underdog-Mentalität? Eine Wagenburg? Warum konnte sie ein Ruhrpottler wie Marco Antwerpen so treffsicher energetisieren, während ein „Lautrer“ wie Klement das nicht vermag? Weil die Region zwar eine tragende Rolle spielt, sich in dieser Betze-Idee aber auch etwas Allgemein-Menschliches spiegelt, das an keine Region gebunden ist. Etwas, das du in Dortmund, Schalke oder Bochum durchaus auch findest, nicht aber im davon nur wenige Kilometer entfernten Düsseldorf oder Leverkusen.

Diese Idee ist kein Bullerbü. So wie die blutgeschwängerten Imperien der Römer oder der USA ist auch die Betze-Idee zum Teil superkrass und ätzend. Die Mistgabel ist da immer im Anschlag. Auch unser Forum ist zum Teil ja ganz, ganz schlimm – meine eigenen geistigen Ergüsse einbezogen. Aber die Kehrseite davon ist eine Energie, die wirklich ihresgleichen sucht und sich jederzeit eruptiv entladen kann. Nein, nicht „der Bessere soll gewinnen“ – der Betze soll das Ding gefälligst ziehen, wie dreckig der Sieg auch immer sein mag! Dabeisein ist eben NICHT alles! Und wenn „die da oben auf dem Berg“ diese Resonanz erzeugen, dann ist das Stadion voll – in welcher Liga auch immer. Aber auch NUR dann! In den letzten anderthalb Jahren war dies mitunter wieder der Fall – und da ist mir das 0:0 gegen den Waldhof in doppelter Unterzahl wichtiger als der 4:1-Sieg gegen Schalke.

Aber: Auch jede eruptive Achterbahnfahrt mit ihren Hochs und Tiefs geht irgendwann zu Ende. Es gibt ein Limit für zerschlagene Hoffnungen. Und ich kann nur hoffen, dass wir momentan dieses Limit nicht erreichen. Für mich fühlt es sich mitunter so an. Ich verliere zeitweise – im Moment nur stunden- oder tageweise – das Interesse am FCK. Das Spiel gegen St. Pauli zum Beispiel konnte ich nicht sehen, hätte es aber ja aufzeichnen können. Habe ich zum ersten Mal seit Jahren nicht gemacht. Und auch nach diesem Wochenende ohne die überfällige Trainerentlassung denke ich eher müde „Ja wollt ihr mich denn verarschen?“, anstatt wie ein HB-Männchen durch die Wohnung zu tigern. Vielleicht ja nur mein Ding. Vielleicht aber auch nicht. Ich bin zu alt, um als Fan zum Dart oder Rugby abzuwandern, aber der langsame Rückzug vom FCK wird mehr und mehr zu einer – lange komplett undenkbaren – Option. Und Nein, das ist kein Kokettieren, eher eine Stumpfheit und Müdigkeit infolge der periodisch wiederkehrenden, absolut vermeidbaren Rückentwicklung.

HIER KÖNNTE IHR ERMUTIGENDER APPELL STEHEN
This contribution was last edited by Newtrial on Feb 13, 2024 at 5:20 PM hours

Forza FCK!